Стой – An der russischen Grenze

Nach weiteren 80 km auf der 970 entlang des Flusses Anárjohka, der später in die Tana mündet, und damit auch immer parallel zur Grenze nach Norwegen habe ich das erste mal wieder in Utsjoki die Gelegenheit auf die andere Seite zu wechseln. Aber ich beschließe weiter auf diese Seite zu fahren. Es ist ein Autofahrertraum. Kaum Gegenverkehr, in meine Richtung scheine ich der Einzuge zu sein, die Straße ist für die maximal zulässige Geschwindigkeit von 80km/h bestens. Ich selbst bin eher mit 70 km/h unterwegs und lasse mich treiben. 

Der Motor begnügt sich mittlerweile mit 8,7 Litern, was bei mir, angesichts der Dieselpreise, an breites Lächeln in Gesicht zaubert. Ohnehin hat diese, ich würde sagen eintönige Fahrt etwas meditatives. Ich versinke in Gedanken und die Kilometer laufen dahin. Man sieht auf meiner Seite eher weniger Häuser. Ab und an gehen links und rechts des Weges kleine Pfade, die meist mit einer vierstelligen Nummer gekennzeichnet sind, ab. Sicher befinden sich irgendwo hinter den Birken Wohnhäuser. Ab und an kann man diese durch die Bäume erspähen. Diese Holzhäuser sind meist hellblau und weiß gestrichen. Auf der anderen Uferseite in typisch norwegischen Farben, dunkles Rot mit Weiß. 

Vierzig Kilometer weiter überfahre ich dann, fast unbemerkt, wieder die Grenze nach Norwegen. Nur die Kameras die da plötzlich stehen und die norwegische Flagge deuten darauf hin. Einige 100 Meter weiter, im nächsten Ort, stehen dann drei Zollbeamte an der Seite. Ohne Grund bin ich gleich etwas nervös, zähle schnell mal meinen Alkoholvorrat durch, aber außer einen kleine Rest Amarula habe ich nichts dabei. Ich setze ein PlasticSmile auf und fahre unbehelligt an ihren vorbei. Aus der 970 ist nun die 895 geworden die nun in Skiippagurra wieder auf die E6 mündet. „Hello E six“ kommt es ganz unvermittelt aus mir heraus. Jetzt sind es noch weitere 140 km bis zum Ziel. 

Der Varangerfjord ist nun bald in Sicht und die Umgebung wird wieder schroff und felsig. „So bist du, Norwegen“, denke ich. Endlich komme ich dann in Kirkenes an, hier endet die E6, mache eine kleine Stadtbesichtigung und lerne, dass Kirkenes die am schwersten zerstörte Stadt Norwegens im zweiten Weltkrieg war. Auch hier sind Bunker der deutschen Wehrmacht zu besichtigen. Ich fahre schnell weiter, denn heute möchte ich noch zur russischen Grenze. Murmansk ist bereits ausgeschildert und nur noch einen Steinwurf weit entfernt. Mir dämmert es langsam, wie weit ich eigentlich von zuhause weg bin. 

Dann stehe ich vor dem Grenztor. Die Grenze ist zwar offen, aber es findet quasi kein Grenzverkehr statt. Abkommen die es ermöglichen Einheimischen ermöglichen vereinfacht ein und auszureisen ( Russen:innen und Norweger:innen) sind zur Zeit ausgesetzt. Ich möchte heute aber noch weiter, zur Grense Jacobslev (es ist kein Schreibfehler, Grenze ist das norwegische Wort für Grenze). Um dort hinzugelangen muss ich von dort weitere 50km immer der russischen Grenze entlang nach Norden fahren. Die letzten 10 km sind nur noch Schotterpiste. Da bin ich jetzt an meinem heutigen Ziel, mit Blick auf die Barentssee. Es wird meine letzte Nacht in Norwegen auf dieser Reise sein.